Bauer sucht Kiosk: Der Hamburger Verlag treibt die Auseinandersetzung mit dem Pressegroßhandel voran. Jetzt belohnt Bauer das schönste Presseregal.
Die Hamburger Bauer-Verlag setzt sich seit Jahren mit dem Pressevertrieb auseinander. Mit dem Pressegroßhändler befindet sich der Großverlag im Rechtsstreit: Am kommenden Dienstag steht das nächste Zusammentreffen beider Seiten an, wenn der Bundesgerichtshof erstmals die Klage des Verlags verhandelt. Bauers Vertriebsgesellschaft geht gegen den Bundesverband Presse-Grosso vor, der für die Pressegroßhändler die Konditionen mit den Verlagen verhandelt. Die Pressegroßhändler liefern als neutrale Händler die Zeitungen und Zeitschriften für die Verlage an 113.000 Einzelhändler (mit Ausnahme der Bahnhofsbuchhandlungen).
Bauer will direkt mit jedem Großhändler über die Belieferung verhandeln. Davor steht jedoch das zentrale Verhandlungsmandat des Verbands, an dem sich der Hamburger Verlag stört und das dieser juristisch attackiert: Bislang hat der Verband für seine Mitglieder die Konditionen mit den Verlagen ausgehandelt. Damit sollen alle Beteiligten die gleichen Bedingungen und Zahlungen erhalten. Über den Pressegroßhandel kommt jeder Verlag mit seiner Zeitschrift ins Presseregal – wie groß oder klein dieser auch ist. Setzt sich Bauer durch, fürchten kleine und mittelständische Verlage um den Absatz ihrer Titel. In der Vorinstanz bekam Bauer Recht. Wenn das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestehen bleibt, wären die Folgen weitreichend: Große Verlage können dann stärker eigene Interessen durchsetzen, für kleine und mittlere Verlage würde es dagegen schwerer, mit ihren Zeitschriften an den Kiosk zu kommen.
Bauer treibt den Kontakt zu den Einzelhändlern voran und besucht diese immer wieder. Dabei geht es offenbar um Hinweise, wie die Zeitschriften am besten im Regal glänzen. Das kann und soll wiederum bewirken, dass eigene Titel besser zu sehen sind – aber andere dafür eben nicht. Der Einsatz lässt sich mit den rückläufigem Geschäft erklären. Da der Bauer-Verlag mit seinen meist günstigen Magazinen stark auf den Pressevertrieb ausgerichtet ist, spürt den Rückgang. Der Umsatz von Bauer ging im vergangenen Jahr um etwa 2,5 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro zurück. Der Vertriebsumsatz (auch der ausländischen Geschäfte) sank um mehr als 5 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Der Pressegroßhandel verkauft etwa 2 Milliarden Exemplare von Zeitungen und Zeitschriften im Jahr. Der Umsatz damit ging im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zurück (Presse zu Abgabepreisen ohne Mehrwertsteuer).
Die Vertriebsmanager und Großhändler warten nun auf das Urteil des Bundesgerichtshofs. Sie schauen gespannt, was den Pressevertriebsmarkt wandeln wird. Wie aber wünscht sich Bauer eigentlich den Pressehandel? Ein Aktion gibt Auskunft. Der Verlag kürte zusammen mit dem Fachmagazin „Rundschau für den Lebensmittelhandel“ das „bestes Presseregal“ Deutschlands – jedenfalls nach eigenen Angaben. Der Preis war nur auf den Lebensmitteleinzelhandel beschränkt. In Supermärkten wird ohnehin etwa die Hälfte des Absatzes im Pressegroßhandel gekauft. Ausgezeichnet wurde drei Supermärkte von Rewe (in Fulda, Aachen und Darmstadt) eine Jet-Tankstelle in Frankenthal sowie ein Supermarkt von Edeka in Lörrach (mit einem Sonderpreis zur besten Integration ins Gesamtkonzept). Auswahl, Präsentation und Kundenberatung galten als Entscheidungskriterium.
In den Presseregalen und auch rundherum scheint viel Platz zu sein. Genug Platz, damit der Titel der Zeitschrift vielfach vollständig zu sehen ist und nicht von anderen Titeln verdeckt wird. Die Hoffnung der Verlage: Wird das Magazin besser und häufiger gesehen, wird es mehr gekauft. Solchen Platz haben aber kleinere Supermärkte, Bäckereien oder Kioske meist gar nicht. Die kleinen Händler fehlen hier. Bauer will Platz haben für seine Titel.
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