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Klambt greift mit neuen Fernsehmagazinen an

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Gerade erst hat die Klambt-Mediengruppe zehn Fernsehzeitschriften von Axel Springer und der Funke-Gruppe gekauft. Schon kündigt Verleger Lars Rose den nächsten Schritt an. „Wir haben Lust, uns als wirklich neuer Anbieter von Programmzeitschriften zu positionieren, und werden neue Fernsehtitel auf den Markt bringen“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Erstmals äußert er sich jetzt dazu, was er mit den neuen Magazinen plant. „Wir werden uns mehr an jüngere Zielgruppen heranwagen und im Digitalbereich stärker Fuß fassen“, sagt der 44 Jahre alte Rose, der seit 2001 das Unternehmen als geschäftsführender Gesellschafter leitet. Das Familienunternehmen gibt 50 Zeitschriften heraus, darunter die Klatschhefte „In“, „OK“, „Die neue Frau“ sowie Rätselhefte.

Unverhofft kam die mittelständische Klambt-Gruppe zum größten Geschäft in der 170 Jahre alten Unternehmensgeschichte. Das verdankt Klambt dem Bundeskartellamt, das ein gewaltiges Geschäft zwischen Springer („Bild“, „Welt“) und Funke („Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, „Gong“) nur unter Auflagen genehmigte. Zwar gab die Behörde den Kauf der Springer-Regionalzeitungen wie „Berliner Morgenpost“ und „Hamburger Abendblatt“ und Frauenzeitschriften wie „Bild der Frau“ durch Funke im vergangenen Jahr frei, doch wollte es den Wettbewerb auf dem Feld der zahlreichen Programmzeitschriften weiter hochhalten.

© Foto Anja FranzkeKlambt-Verleger Lars-Joachim-Rose

Es brauchte einen weiteren Verlag: Also rief Funke-Geschäftsführer Manfred Braun im November Klambt-Verleger Rose an, am nächsten Tag trafen sie sich auf einem Flughafen in Süddeutschland. Schon war Klambt mitten in intensiven Verhandlungen, bis sich im April abzeichnete, dass der Zukauf der Fernsehtitel klappte.

Funke erhält „TV Digital“ und „Hörzu“ mit Millionenauflagen von Springer, dafür verkauft das Essener Medienhaus kleinere Programmzeitschriften an Klambt. Gemessen an den Auflagenzahlen, erhöht Funke damit seinen Marktanteil bei den Fernsehmagazinen auf 36 Prozent, und Klambt steigt mit einem Anteil von 10 Prozent ein. Bauer („TV 14“, „TV Movie“) bleibt mit 44 Prozent Marktführer, und Burda („TV Spielfilm“) erreicht 9 Prozent. Ohne den Eingriff des Kartellamtes und den Zukauf durch Klambt wäre Funke knapp an Bauer vorbeigezogen und drei Verlage wären im Programmzeitschriftenmarkt geblieben. Der Markt der Fernsehmagazine ist mit fast 16 Millionen verkaufter Auflage je Ausgabe einer der größten Umsatzbereiche im Zeitschriftengeschäft.

Klambt ist der lachende Dritte des Funke-Springer-Geschäfts: Seit Mai hat das Familienunternehmen zehn Fernsehtitel in seinem Besitz. Das auflagenstärkste Magazin ist die „Funkuhr“ (ehemals Springer) mit 466.304 verkauften Exemplare und für Rose der entscheidende Faktor; jeder zweite Käufer ist hier ein Abonnent. Zu den weitere Zeitschriften gehören „Bildwoche“, „TV Neu“ und die vorherigen Funke-Titel „Die Zwei“ und „Super TV“.

Der Plan: Noch jahrelang Gewinne mit den neuen Titeln

Gemeinsam kommen die Zeitschriften auf einen Umsatz von 40 Millionen Euro und erzielen eine zweistellige Umsatzrendite (Ebitda). Gezahlt hat Funke für die Fernsehmagazine einen höheren zweistelligen Millionenbetrag: 20 Prozent davon zahlt Klambt selbst, der Rest ist ein Kredit der Commerzbank sowie ein kleineres Nachrangdarlehen von Axel Springer (im Umfang geringer als der Eigenanteil). Nichts sei ihnen geschenkt worden, sagt Rose. „In sieben bis acht Jahren werden wir komplett alle Verbindlichkeiten zurückgezahlt haben und dann werden wir noch jahrelang Gewinne mit den neuen Zeitschriften erzielen.“

Lars Rose will die zweistellige Rendite der Fernsehmagazine halten. Dabei schrumpfen die Auflagen der Fernsehmagazine deutlich. Sinkende Verkaufszahlen hat er eingerechnet, er will die Kosten drücken. „Viele Programmzeitschriften haben rückläufige Auflagen“, sagt Rose. „Aber wir arbeiten als Mittelständler mit niedrigeren Kosten, als Axel Springer das gemacht hat.“ Die Ausgaben für Druck, Papier und Gehälter seien bei einem mittelständischen Verlag geringer.

Auch beschäftige Klambt weniger Führungskräfte. In der Geschäftsführung der Mediengruppe sitzen neben Lars Rose sein jüngerer Bruder Kai sowie der für das Tagesgeschäft zuständige Kay Labinsky, der früher für Bauer und Burda gearbeitet hat und in der Branche bestens vernetzt ist. Darunter kümmern sich Verlagsleiter jeweils um mehrere Magazine. Für die Programmzeitschriften übernimmt den Part Ralf Meyke, der sich schon früher für Bauer deren Fernsehmagazine betreute und den Klambt im Mai eingestellt hat.

Neulich noch Verluste

Wilhelm Wenzel Klambt, der Urururgroßvater von Lars Rose, gründete das Unternehmen 1843 in Schlesien und gab die politische Wochenzeitung „Hausfreund” heraus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus in Speyer, dem heutigen Stammsitz, eine Zeitschrift für die ganze Familie, weitere Hefte folgten. 2012 und 2013 kam die Unternehmensgruppe, zu der auch ein Versicherungszweig gehört, auf einen Umsatz von 75 Millionen Euro. Allerdings waren die vergangenen Jahre wirtschaftlich hart. 2012 machte Klambt einen Verlust von 500.000 Euro und kam im vergangenen Jahr auf einen leichten Gewinn von etwa 2 Millionen Euro. Der Misserfolg der neuen Luxuszeitschrift „Flair“ spiegelt sich darin wieder: Das Magazin stellte Klambt nach hohen Anlaufverlusten ein, weil sich die Anzeigenkunden nicht genügend für den Neuling erwärmen konnten und viel weniger als gedacht buchten.

„Das ist das Los des Unternehmers, dass man leider nicht immer alles richtig macht“, sagt Rose. Klambt musste sparen und siedelte so die Redaktion der jungen Klatschzeitschrift „In“ von Berlin nach Hamburg um. „Ich muss akzeptieren, dass bei den vielen Bällen, die wir hoch geworfen haben, auch mal einer runterfällt. Das ärgert und schmerzt, weil in jeder Zeitschrift auch viel Herzblut von uns steckt.“ Dagegen läuft die zuvor gestartete Modezeitschrift „Grazia“ inzwischen gut; dieses Jahr soll sie profitabel werden. Damit würde Klambt dann mit jedem Titel Geld verdienen. Nur das soziale Netzwerk für Tiere „my social petwork“ macht noch einen leichten Verlust. Für 2014 erwartet Rose insgesamt einen Gewinn von 4 Millionen Euro – noch ohne den Neuerwerb.

Neue Fernsehhefte für junge Leser

Jetzt verdoppelt sich Auflage von Klambt fast um 1 Millionen Zeitschriften auf 2,3 Millionen verkauften Exemplaren in der Woche. „Wir wollten dieses Jahr eigentlich konsolidieren, doch dazwischen kam das größte Geschäft unserer Unternehmensgeschichte“, sagt Rose. Schnell muss Klambt die zehn Fernsehtitel integrieren. Vorerst läuft alles weiter wie bisher: Drei Monate lang erstellt die bisherige Redaktion die Inhalte der Programmzeitschriften weiter – als Dienstleistung von Funke im Auftrag von Klambt. Zum 1. Juli übernimmt Klambt den Vertrieb der Zeitschriften im Einzelhandel. Die Betreuung der Abonnenten liegt auch noch bis Jahresende in bisherigen Händen, von 2015 an will Klambt dies einem Verlag als Dienstleister fest übertragen. Das Anzeigengeschäft übernimmt Klambt dagegen gänzlich in Eigenregie im kommenden Jahr.

© jch.Zeitschriften im Presseregal

In Baden-Baden baut Klambt nun eine Redaktion mit 37 Mitarbeitern für die Programmzeitschriften auf. Von den vier Mitarbeitern in der Chefredaktion stehen schon zwei fest: Chefredakteur Herbert Martin und Kerstin Franz. In die Redaktion kommt die Mannschaft von „Lea“ (das Magazin zieht nach Hamburg um, wo die Chefredakteurin eine neue Truppe anheuert) und von „Heim & Welt“ (gerade eingestellt). Damit ist ungefähr die Hälfte der Mitarbeiter der neuen Zentralredaktion besetzt. Ob Redakteure von den bisherigen Standorten Hamburg und München nach Baden-Baden ziehen, ist noch unklar. In der Unternehmenszentrale Speyer baut Klambt derweil die Verlagsabteilung aus und will 15 Mitarbeiter für Stabsabteilungen, Vertrieb und Anzeigen einstellen.

Bis Jahresende docken die zehn Programmzeitschriften fest bei Klambt an. Dann startet das Unternehmen den Angriff auf die Fernsehmagazine. „Mit den neuen Zeitschriften und den Geldern, die wir dadurch erwirtschaften, können wir neu investieren“, sagt Verleger Rose. Er attestiert dem Markt der Programmzeitschriften eine ältere Leserschaft; daher setzt er auf neue Magazine für jüngere Zielgruppen. „Wir wollen am Schluss des Tages neue Werte schaffen, neue Titel, neue digitale Angebote, die über Jahre halten.“ Auch wenn er digitale Ausgaben forcieren will, bildet das Hauptgeschäft für ihn die gedruckten Hefte. Damit lasse sich noch lange viel Geld verdienen.

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von Jan Hauser erschienen in Medienwirtschaft ein Blog von FAZ.NET.


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